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Maria

Endometriose trifft auf jahrelange Depressionen – ein explosives Duo

Hallo liebe Community,

 

Mein Name ist Maria, ich bin vierundvierzig Jahre alt, wohne in Wien und bin an Endometriose erkrankt. Ronja hat mir angeboten, meine Erfahrungen mit Endometriose hier auf diesem Blog mit euch zu teilen und ich komme diesem Angebot gerne nach, da ich selbst nach der Diagnose viele Erfahrungsberichte anderer Frauen gelesen hatte, welche mir Mut machten und mir das Gefühl gaben, nicht alleine zu sein. Sie verhalfen mir auch zu mehr Klarheit.

 

Endometriose?

Die Idee, dass ich von Endometriose betroffen sein könnte, kam mir nie in den Sinn. Ich hatte nie besondere Probleme mit meiner Periode. Ich spürte sie zwar in Form eines mal mehr oder weniger starken Ziehens im Unterleib, aber ich hatte das immer für normal gehalten. Auch fühlte ich mich während der Periode abgeschlagen, müde und energielos. Zudem hatte ich seit Mitte zwanzig eine sehr starke Menstruation – an den ersten beiden Tagen verbrauchte ich locker 4 bis 5 Super Plus Tampons, alleine tagsüber und nachts musste ich mindestens einmal aufstehen und den Riesentampon wechseln. Doch auch das hielt ich für völlig normal und nicht in irgendeiner Form für pathologisch. 

Anfang vierzig hatte ich immer wieder mal Schmierblutungen und leichtes PMS etwa eine Woche vor meinen Tagen entwickelt. Zudem wurde die Periode unregelmäßiger. War sie zuvor noch pünktlich wie eine Uhr, schien sie zunehmend aus dem Takt gekommen zu sein. Das fiel mir auf und ich sprach mit meinem Gynäkologen darüber. Dieser meinte, das sei nichts Auffälliges, lediglich ein leichtes hormonelles Ungleichgewicht, was auch an meinem zunehmenden Alter liegen könnte. Also war ich beruhigt und dachte mir nicht viel dabei. Wobei mich die ständigen Schmierblutungen doch ziemlich nervten. 

Eine Zyste

Zwei Jahre später hatte ich dann bei meiner Kontrolluntersuchung eine Zyste an meinem linken Eierstock. Auch da beruhigte mich mein Gynäkologe. Meine Blutwerte waren in Ordnung, die Zyste war glattwandig und klein. Eine gewöhnliche funktionelle Zyste. Nun, diese Zyste bildete sich aber nicht zurück, weder beim nächsten Kontrolltermin, noch bei dem darauffolgenden. Und ich machte mir zunehmend Sorgen. Bei einer neuerlichen Kontrolle im Jahr 2023 war die Zyste ein wenig gewachsen – auf etwa vier Zentimeter – und sah verdächtig aus. Mein Gynäkologe riet mir zu einer operativen Entfernung. Ich bekam gleich nach dem Termin ziemliche Panik. Hoffentlich nichts Bösartiges, dachte ich und kümmerte mich so schnell wie möglich um einen OP-Termin. Im Krankenhaus potenzierten sich meine Ängste schließlich nach der Untersuchung durch den Arzt, der mich operieren sollte. Er drängte zu großer Eile, schickte mich sofort ins Labor und zum MRT. Zusätzlich bekam ich einen Springer-Termin, um bei der frühesten Möglichkeit umgehend operiert zu werden, da der nächste freie Termin erst 4 Monate später war und er meinte, dass er bei mir unmöglich so lange warten könne.

Zugegeben, die darauffolgenden Wochen mit der Unsicherheit und den panischen Gedanken, dass es sich doch um Krebs handeln könnte, machten mich völlig fertig. Die meiste Zeit war ich wie ferngesteuert. Abends musste ich sehr oft aus Verzweiflung weinen und meine alte Bekannte, die Depression, klopfte kräftig an meine Tür. Meine stärksten Stützen waren in jenen Wochen meine liebsten Freunde und meine Katze. Ich war völlig zwiegespalten. Einerseits sehnte ich mir den OP-Termin so schnell wie möglich herbei, damit alles endlich vorüber wäre. Andererseits hatte ich unglaubliche Angst vor einer vernichtenden Diagnose. (Ich hatte beide Eltern in jungen Jahren an Krebs verloren, was vermutlich auch ein Grund für meine jahrelangen Depressionen ist). Die Gedankenspiralen gingen in Richtung „Was wäre wenn?“ und ob es nicht die beste Lösung wäre, mein Leben vorzeitig zu beenden, ehe ich ein jahrelanges Krebs-Martyrium ertragen müsse. 

Die OP

Eineinhalb Monate wartete ich auf den Operationstermin und kam dann ziemlich streichfähig an besagtem Datum an. Eine Mischung aus Manie und Panik machte sich breit, was bei Depressionen nicht ungewöhnlich ist. Ich warf an den Tagen vor der Operation noch Beruhigungsmittel ein, um überhaupt noch schlafen zu können. Und dann ging es los. Mein Termin im Krankenhaus war sehr früh angesetzt, um 08:00 Uhr. Ich wurde auf mein Zimmer geführt, bekam gleich einen Zugang gelegt und einen Antibiotika-Shot in die Vene. Ich hatte großes Glück mit meinem Zimmer. Es war ein Zweibettzimmer und meine Zimmernachbarin, die wegen einer Eileiterschwangerschaft notoperiert worden war, war irrsinnig nett. Um 10:00 Uhr wurde ich dann für die Operation abgeholt. Vor der Operation kam noch eine relativ kühle Assistenzärztin herein und sagte mir: „Wir haben hier ein zweiteiliges Vorgehen. Wir operieren die Zyste. Sollte es sich um etwas Bösartiges handeln, dann werden wir in einer zweiten Operation alles gänzlich operieren. Kennen Sie sich aus?“ Ich nickte und merkte, dass ich entglitt, irgendwie fortschwebte, fragte mich, ob es denn möglich wäre, mit dem Schicksal zu verhandeln, dass, wenn es denn wirklich so wäre, ich einfach nicht mehr erwachen könnte. 

Wenige Minuten später wurde ich in den OP-Saal gebracht. Über meinen Zugang wurde das Narkosemittel eingeleitet. Kurz darauf war ich weg. Nach dem Aufwachen war ich irgendwie aufgedreht und mir war sehr übel. Ich wurde aufs Zimmer gebracht und kurz darauf kam auch schon der Arzt, der mich operiert hatte. Er lächelte mich an und meinte: „Kein Krebs, es war gutartig. Sie haben Endometriose.“ Diese Aussage reichte mir und ich verfiel in eine tiefe Erleichterung. Ich hatte dann noch viel mit meiner Zimmernachbarin geplaudert und war richtig heiter. Dann wurde mir immer übler und ich musste heftig Erbrechen – Narkoseunverträglichkeit. Aber das alles war nicht so schlimm nach all den Ängsten, die ich die Wochen davor durchlebt hatte. 

Die Diagnose

Am darauffolgenden Tag wurde ich entlassen und erholte mich zuhause. Ich konzentrierte mich darauf, viel zu schlafen, um mich von der Operation zu erholen und ignorierte vorerst den OP-Bericht. Erst einige Wochen später, als der ganze Schock und die Ängste ein wenig verarbeitet waren, begann ich, mich mit der Diagnose Endometriose zu beschäftigen. Ich las viel im Internet, kaufte mir auch ein Buch dazu und versuchte die Krankheit zu verstehen, sie für mich einzuordnen. Dann erst las ich den Entlassungsbericht und war schockiert, was alles durchgeführt wurde. Man hatte mir den linken Eileiter entfernt, der aufgetrieben und völlig verwachsen war und am Darm klebte. Am rechten Eierstock war eine Endometriose-Zyste ausgeschält worden. Dazu waren Herde am Darm, den Haltebändern der Gebärmutter und im Douglas-Raum gefunden worden. Irgendwie konnte ich mit alldem nicht sehr viel anfangen und ging dann nach 6 Wochen zur Kontrolle, die nach der Operation angesetzt worden war. Die Kontrolle verlief gut und mein Gynäkologe verschrieb mir eine Gestagen-Pille. „Dann kommt das nicht wieder“, meinte er. Ich äußerte meine Bedenken, weil ich ein einziges Mal vor dieser Operation in einem Krankenhaus war – aufgrund eines hormonellen Verhütungsmittels. Ich war Anfang zwanzig und es handelte sich um Implanon. Ich hatte damals nach 8 Monaten Dauerblutungen bekommen, die bis zur Anämie führten, zudem eine chronische Eierstock-Entzündung und Zysten auf beiden Eierstöcken. Er meinte: „Probieren wir es trotzdem. Vielleicht vertragen Sie dieses Hormon ja gut.“ Also begann ich, wie mit meinem Frauenarzt besprochen, bei meiner nächsten Regelblutung mit der Einnahme. 

Unverträglichkeiten

Die ersten drei Wochen verliefen recht gut. Ich fühlte mich etwas seltsam, mit Kopfnebel, leichter Übelkeit und schmerzenden Brüsten, aber ich dachte mir, dass das vorübergehen würde. Immerhin hatte ich bis auf den Vorfall in meinen frühen Zwanzigern nie mehr Hormone genommen. Gegen Ende der ersten Packung kam es aber ganz plötzlich zu einem rasanten Umschwung innerhalb weniger Tage. Ich hatte heftige Krämpfe und Blutungen, dazu schwitzte ich nachts alles nass, hatte Schüttelfrost, Herzrasen und war völlig wach. In den folgenden Tagen verkürzte sich mein Schlaf immer mehr. Mehr als drei Stunden pro Nacht waren nicht mehr möglich. Ich fühlte mich wie ein Duracell-Hase, völlig aufgedreht und mit starker innerer Unruhe. Bei Depressionen ist mit Schlafstörungen nicht zu spaßen und ich begann mit meiner Notfall-Medikation – einem sehr starken Beruhigungsmittel. Zu meinem Entsetzen blieb die sonst so gute Wirkung allerdings aus. Ich konnte einfach nicht mehr schlafen. Ich hatte zunehmend den Verdacht, dass es von der Gestagen-Pille kommen würde, wollte die Behandlung aber nicht absetzen, hoffte auf eine Besserung. Stattdessen wurde es von Tag zu Tag schlimmer und ich merkte schließlich, dass ich seltsam wurde. Panik, wirre Gedanken, Geräusche wurden lauter, meine Reaktionen zwanghafter. Ein psychotischer Schub kündigte sich an. Ich setze die Pille ab. Zwei Tage später war der ganze Spuk vorbei. Mein Schlaf kehrte zurück, die Unruhe verschwand und mit ihr auch das Schwitzen und das Herzrasen. 

Nun stand ich vor einem neuen Problem. Ich vertrug ganz offensichtlich die hormonelle Medikation nicht. Es einfach nur sein zu lassen und nichts zu tun war jedoch nicht mein Ding. Also suchte ich mir einen neuen Frauenarzt, der auf Endometriose spezialisiert war. Ich berichtete ihm von meiner psychischen Vorbelastung und dass ich das Gefühl hätte, mich zwischen Pest und Cholera, zwischen Psychiatrie oder Endometriose-Rezidiven, entscheiden zu müssen. Er machte mir Mut und meinte, dass es nicht zwingend zu einem Rezidiv kommen müsse, wenn ich keine Hormone nähme. Endometriose verläuft bei jeder Patientin anders. Und wenn ich die Hormontherapie so schlecht vertrüge, wäre das ja auch keine Lebensqualität. Ich könnte es ohne Hormone versuchen und mich mit Ernährung und alternativen Therapien beschäftigen.

Hier bin ich jetzt

Das ist nun der Punkt, an dem ich derzeit stehe. Ich habe mir Ratgeber zu Endometriose und Ernährung gekauft, recherchiere momentan viel über alternative Methoden, die die Endometriose in Schach halten können. Ich hoffe, dass ich es auf diese Weise in den Griff bekomme. Derzeit habe ich meine Ernährung an Endometriose-Vorgaben angepasst und probiere noch zusätzlich Kurkuma, Kiefernrindenextrakt und Yams als Nahrungsergänzungsmittel. Wie gut es wirkt, kann ich momentan noch nicht sagen, aber das ist der Weg, den ich im Moment für mich zu gehen versuche.

 

Ich hoffe, ich konnte mit diesem Erfahrungsbericht vielleicht anderen helfen, die eine psychische Vorbelastung haben oder hormonelle Medikation nicht gut vertragen.

Ich wünsche euch allen viel Kraft und alles Gute!

Eure Maria

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